Unternehmensnachfolge
Die Übernahme eines Pflegebetriebs unterliegt einem besonders dichten Geflecht gesetzlicher Vorgaben. Stationäre Einrichtungen müssen neben den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen nach dem SGB XI auch die Vorgaben des Heimgesetzes bzw. landesrechtlicher Pflegegesetze erfüllen. Ambulante und stationäre Dienste schließen im Rahmen des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen mit diesen Versorgungsverträge ab, in denen Art und Umfang der Pflegeleistung und die Vergütung geregelt sind. Diese Rahmenbedingungen schaffen für jede Nachfolge einen anspruchsvollen Rechtsrahmen: Kaufinteressenten legen daher großen Wert auf eine rechtssichere Struktur und die Fortführung bestehender Verträge.
Die rechtlichen Vorschriften im Pflegebereich sind vielschichtig. Im Zentrum steht das Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI). Es regelt u. a. die Zulassung von Pflegeeinrichtungen durch Abschluss von Versorgungsverträgen mit den Pflegekassen. Nach § 72 SGB XI dürfen Pflegeleistungen nur durch zugelassene Einrichtungen erbracht werden. Ambulante Pflegedienste müssen daher bei den Pflegekassen eine Zulassung beantragen (Nachweis von Personal- und Konzeptanforderungen) und jeweils gültige Versorgungsverträge vorweisen.
Stationäre Pflegeheime benötigen zusätzlich eine Betriebserlaubnis auf Grundlage der jeweiligen Landes-Pflege- oder Heimrechtregelung und müssen bauliche sowie personelle Mindeststandards erfüllen. Durch das Heim- bzw. Pflegeheimgesetz ergeben sich umfangreiche Zusatzanforderungen an Gebäude, Ausstattung und Betrieb der Heime, die bei der Nachfolge unbedingt beachtet werden müssen.
Hinzu kommen sozialrechtliche Vorgaben: Die Einrichtung muss dauerhaft eine ausreichende und gleichmäßige Pflegeversorgung sicherstellen, die den Qualitätsanforderungen des Pflegegesetzes genügt, und wirtschaftlich arbeiten. Die Pflegekassen lassen diese Kriterien regelmäßig vom Medizinischen Dienst (MDK) prüfen. Ist eine Einrichtung dauerhaft unwirtschaftlich, kann dies zur Änderung oder gar Kündigung des Versorgungsvertrags führen. Bei der Nachfolge gilt es daher, von Anfang an die Kontinuität dieser Auflagen zu gewährleisten.
Im Übernahmeprozess müssen sämtliche Versorgungsverträge und behördlichen Genehmigungen angepasst oder neu abgeschlossen werden. Da Versorgungsverträge (§ 72 SGB XI) an den Betreiber gebunden sind, erfordert ein Trägerwechsel die Zustimmung der Pflegekassen. In der Regel wird mit dem neuen Inhaber ein neuer Versorgungsvertrag geschlossen, der nahtlos die Pflege fortführt. Dabei gelten weiterhin die bisherigen Vergütungsvereinbarungen – nur die Vertragspartner ändern sich. Ebenso ist darauf zu achten, dass alle behördlichen Genehmigungen (z.B. Betriebserlaubnis nach Landesrecht) übertragen oder erneuert werden. Sofern das Unternehmen eine eigene Pflegeimmobilie unterhält, müssen auch baubehördliche Auflagen erfüllt sein (z.B. Barrierefreiheit, Brandschutz, Hygiene). Nur ein vollständig genehmigter Betrieb kann ununterbrochen weitergeführt werden.
Für ambulante Pflegedienste zählt außerdem die Konzeption: Die Kassen verlangen die Vorlage eines Pflegekonzepts, in dem Leistungsspektrum, Qualitätssicherung, Personalstruktur und Erreichbarkeit beschrieben sind. Änderungen in diesen Bereichen – etwa bei einer Erweiterung des Leistungsangebots oder dem Wechsel von Inhabern – müssen den Vertragsparteien (Krankenkassen, Pflegekassen, Träger der Sozialhilfe) schriftlich angezeigt werden. Auch behinderten- und sozialrechtliche Auflagen (etwa Teilhabeverträge nach dem SGB IX bei Pflege für Menschen mit Behinderung) sind bei der Nachfolge zu berücksichtigen, da der neue Betreiber hier ggf. eigene Melde- und Berichtspflichten erhält.
Zur Unternehmensnachfolge gehören auch arbeits- und sozialrechtliche Prüfungen. Zum einen müssen die Rahmenbedingungen für die Beschäftigten gewahrt bleiben. Geht das Pflegeunternehmen im Wege eines Asset Deals oder Betriebsübergangs über, tritt der neue Inhaber in alle bestehenden Arbeitsverträge ein (§ 613a BGB). Die Mitarbeiter behalten ihre Arbeitsbedingungen, und Kündigungen, die wegen des Inhaberwechsels erfolgen, sind nur in engen Ausnahmefällen zulässig. Arbeitgeber und neuer Betreiber müssen die betroffenen Arbeitnehmer rechtzeitig und umfassend informieren – über Zeitpunkt, Gründe des Übergangs und die voraussichtlichen Folgen für die Arbeitsverhältnisse.
Gleichzeitig muss der neue Betreiber selbst alle sozialrechtlichen Vorgaben erfüllen. Insbesondere darf ein ambulanter Pflegedienst (§ 71 SGB XI) nur von ausgebildeten Pflegefachkräften mit Pflegedienstleiter-Qualifikation geführt werden. Entsprechend müssen ggf. bestehende Leitungspositionen nahtlos besetzt werden, um die Zulassungsvoraussetzungen weiter zu erfüllen. Allgemein gelten die „Gemeinsamen Grundsätze“ der Pflegekassen: Verantwortliche Pflegekräfte müssen bestimmte Berufsabschlüsse und Praxiserfahrung nachweisen und fortgebildet sein. Diese Faktoren fließen auch in die MDK-Prüfung ein. Demnach kontrollieren die Kassen sowohl fachliche als auch wirtschaftliche Voraussetzungen und die Kontinuität des Pflegepersonals.
Ob Share oder Asset Deal – ein kritischer Aspekt ist der reibungslose Übergang laufender Verträge. In einem Share Deal bleiben alle bestehenden Kunden-, Lieferanten- oder Lizenzverträge automatisch bestehen, da weiterhin dieselbe Gesellschaft Vertragspartner ist. Beim Asset Deal dagegen muss jeder Vertrag neu übertragen oder mit dem Vertragspartner neu verhandelt werden. In der Praxis bedeutet das etwa, dass Kundenverträge möglicherweise zustimmungsbedürftig sind und Lieferanten ihre Konditionen neu aushandeln können. Besonders sorgfältig zu behandeln sind Software-Lizenzverträge: Viele enthalten Change-of-Control-Klauseln, die im Falle eines Eigentümerwechsels Kündigungs- oder Sonderkündigungsrechte vorsehen. Bleibt ein solcher Vertrag unberücksichtigt, kann der Käufer wesentliche Nutzungsrechte verlieren. Daher sollte im Kaufvertrag sichergestellt werden, dass wichtige Verträge erhalten bleiben (z.B. durch Verkäufergarantien über ungekündigte Verträge) oder sogar Ausgleichszahlungen bei einem Wegfall vereinbart werden. Gleiches gilt für andere essenzielle Verträge (Hosting, Wartung, Projekte), deren Fortbestand für die zukünftige Geschäftstätigkeit oft kaufentscheidend ist. Eine enge Abstimmung aller Vertragsübergänge im Vorfeld schützt vor bösen Überraschungen beim Verkauf.
Der Markt für Pflegeeinrichtungen hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Heute dominieren große Pflegekonzerne und Finanzinvestoren den Nachfolgemarkt. Viele Gründer der 1990er Jahre suchen einen Nachfolger – dabei drängen zunehmend nationale und internationale Großinvestoren in den Markt. Diese Käufergruppen achten besonders auf eine saubere Daten- und Vertragslage und eine tragfähige Finanzierung. Im ohnehin knappen Finanzierungsklima nutzen sie oft kreative Modelle. Teilweise wird der Kaufpreis beispielsweise gestundet, als Verkäuferdarlehen gewährt oder in Form eines Earn-Outs (Rückzahlung über künftige Gewinne) ausgezahlt.
Für den Nachfolger ist eine sorgfältige Due Diligence entscheidend. Finanzverpflichtungen des Altinhabers (Darlehen, Leasingraten, offene Verbindlichkeiten) müssen erfasst und gegebenenfalls übernommen oder abgelöst werden. Ebenso prüft man die Objektstruktur: Ist das Pflegeheim etwa vermietet oder im Eigentum? Liegt es in einem angemieteten Gebäude, müssen die Miet- und Pachtverträge auf Zulässigkeit (z.B. Nutzungsänderung) hin geprüft werden. Solche Finanz- und Immobilienstrukturen können beim Asset Deal zusammen mit dem Betrieb übernommen werden – andernfalls sind Einzelverhandlungen nötig.
Die Art der Übertragung (Share Deal vs. Asset Deal) hat weitreichende steuerliche und rechtliche Konsequenzen. Beim Asset Deal erwirbt der Käufer einzelne Wirtschaftsgüter (Maschinen, Fuhrpark, Kundenstamm usw.) und Verträge. Dafür müssen alle übertragenen Vermögenswerte genau aufgeführt werden; auch Arbeitsverträge werden hier aktiv zum Betriebsübergang erfasst. Ein Vorteil: Der Käufer kann den Kaufpreis auf die Aktivposten verteilen und steuerlich abschreiben. Der Nachteil: Einigkeit mit Vertragspartnern (z.B. Mietgebern, Lieferanten) ist nötig, damit bestehende Verträge gültig weitergeführt werden.
Beim Share Deal kaufen die Investoren stattdessen Gesellschaftsanteile (bei einer GmbH z. B. müssen die Kaufverträge notariell beurkundet werden. Die Firma als juristische Person bleibt unverändert, so gehen alle Rechte und Pflichten sowie die Pflegelizenzen automatisch auf den Käufer über. Allerdings übernimmt der Käufer dann auch alle Altlasten. Steuerlich bedeutet ein Anteilsverkauf oft, dass der Verkäufer Gewinne (etwa Veräußerungsgewinn) in seiner Einkommen- bzw. Körperschaftssteuer erklären muss, während der Erwerber nur die neu eingefüllten Mittel in die Gesellschaft einbringt.
Weitere Gestaltungsmöglichkeiten der Nachfolge liegen in Umwandlungen oder familieninternen Modellen. Legen Übergeber und Übernehmer Wert darauf, das bisherige Unternehmen formell weiterzuführen, kommen etwa Verschmelzungen (§§ 15 ff. UmwG) oder Einbringungen in Tochtergesellschaften infrage. Gerade bei der Übergabe an die nächste Generation spielt das Erb- und Schenkungssteuerrecht eine Rolle. Nach dem ErbStG kann Betriebsvermögen stark steuerlich entlastet sein: Im Rahmen der sogenannten Regelverschonung bleiben bis zu 85 % des begünstigten Vermögens steuerfrei, wenn bestimmte Fristen und Lohnsummenregelungen eingehalten werden. Dabei darf „schädliches Verwaltungsvermögen“ (z. B. überwiegend vermietete Immobilien) nur einen kleinen Teil ausmachen – bis 10 % gilt als begünstigt, darüber wird die Befreiung reduziert. Eine sorgfältige Planung der Gesellschaftsstruktur (z. B. Verzicht auf unnötige Immobilienüberhänge, Nutzung gemeinnütziger Holdingstrukturen, Abfindungs- oder Nachfolgeklauseln) kann deshalb erhebliche Steuervorteile sichern.
Unternehmensnachfolge in der Pflege- und Sozialwirtschaft verlangt umfassende rechtliche Expertise. Neben betriebswirtschaftlichen Fragen stehen zahlreiche branchenspezifische Anforderungen im Raum – von Sozial- und Baurecht bis zu Arbeits- und Erbrecht. Kafka Law begleitet Pflege- und Sozialunternehmen bei jeder Phase der Nachfolge. Wir entwickeln für Sie ein maßgeschneidertes Gesamtkonzept, das alle regulatorischen Auflagen, Vertragsübertragungen und steuerlichen Aspekte integriert. So sichern wir Ihnen eine rechtssichere Struktur und sorgen dafür, dass Ihr Pflegebetrieb trotz Inhaberwechsels nahtlos weitergeführt werden kann.
Unternehmensnachfolge
Mit Kafka Law erhalten Sie eine rechtliche Beratung, die wirtschaftliche Zielsetzungen versteht, familiäre Interessen berücksichtigt und strategisch gestaltet.
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Eine verantwortungsvolle und weitblickende Gestaltung von Unternehmensnachfolgen und Vermögensstrukturen erfordert Vertrauen, Sorgfalt und ein präzises Verständnis für die individuellen Anforderungen Ihrer Situation. Wenn Sie Ihre Nachfolge rechtssicher ordnen oder Ihre Vermögensstrukturen strategisch und belastbar gestalten möchten, begleiten wir Sie dabei gerne persönlich und mit höchster fachlicher Präzision.
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